Elisa wächst in den Restaurants ihres Vaters auf. Statt ihre Mathe-Hausaufgaben zu machen, beobachtet sie lieber ihren Papa beim Kochen. Jeden Tag. Stundenlang. Andere Kinder schauen in die Glotze. Elisa guckte in Kochtöpfe.
Mit vier Jahren kocht sie Spaghetti. Mit sechs kreiert sie ihre eignen Pastasaucen. So erzählt es der stolze Vater Lello. In die Gastronomie zieht es sie aber nicht. Papa hat es ihr früh ausgeredet: Kind, die Arbeitszeiten sind schrecklich…
Also fängt sie nach Abitur und Studium bei einer Werbeagentur an. Doch die Werbung bringt ihr schon bald keine Erfüllung mehr. Und so kommt es, das Elisa ihren Vater an einem Dienstagvormittag anruft, und sagt: ’Bevor ein anderer das Restaurant macht, mach ich das.’ Und ihr Vater antwortet, cooler Hund der er ist: Dann mach halt! Plötzlich geht alles ganz schnell: Elisa kündigt. Sie heuert bei der Sterneköchin Anna Sgroi an. Saugt wie ein Schwamm alle auf.
Tagsüber reißt sie eigenhändig die gesamte Inneneinrichtung aus dem damaligen Restaurant heraus. Die ochsenroten Wände werden cashmeregrau überstrichen. Die verstaubten Deko Weinflaschen weichen neuer Kunst. Einen frischen Boden gibt es auch.
Zum Schluss fügt Elisa dem Restaurant die wichtigste, geheimste und gleichzeitig offensichtlichste Zutat hinzu:
Eine neue Seele – ihre Seele. Jeder spürt: Elisa ist der Laden. Und der Laden ist Elisa. Darum wird der geplante Restaurantname Farfallina (ital. für kleiner Schmetterling, so nannte sie ihr Vater früher) verworfen und die Cucina d’Elisa geboren. Die Eröffnung war ein voller Erfolg.
Doch wer an eine lupenreine Erfolgsgeschichte ohne Rückschläge glaubt, irrt gewaltig.
Heutzutage ein Restaurant zu machen ist kein Hochsommerpicknick. Das musste auch Elisa erfahren. Ein Koch kündigte, auf einem Bestellblockzettel den er an den Kühlschrank geklebt hatte, an einem fast ausgebuchten Samstagabend. Fünf Minuten bevor die ersten Gäste kamen. Bekannte, die anfangs versprachen “Wir kommen täglich!” waren nie wieder gesehen. Und auch andere Gäste stürmten den Laden nicht.
Zweifel. Enttäuschung. Aber keine Kapitulation. Elisa macht weiter. Und gewinnt.
Heute, ist ihr Laden täglich prächtig gefüllt. Mit Wärme, Freude und köstlichem Essen. Mit Menschen, wie dem Rockstar mit Nussallergie. Der netten Tagesschausprecherin. Familien von nebenan. Männern im weißen Hemd. Jungs in gut sitzenden T-Shirts. Frauen die wunderbar laut lachen können. Und Mädchen, die noch schnell eine Pasta essen wollen, bevor es raus in die Nacht geht. Am Ende bleiben sie alle an ihren Tischen sitzen. Weil es da draußen nichts zu erleben gibt, was sie nicht auch hier in der Cucina finden können.
In der Küche werkelt Chefkoch Luis mit seiner coolen Jungs-Crew. Und auch Elisa zieht es natürlich immer wieder an den Herd. Den Service schmeißt Elisa gemeinsam mit Ihren Cucina-Girls und der wundervollen Mami Nati.
Ich sitze fast jeden Abend, genau wie jetzt gerade auch, am Hochtisch. Am Eingang, direkt an der Bar. Esse ein Rinderfilet, medium rare, mit Gemüse. Pasta mit Trüffeln in der Parmesanwaffel. Oder einen großen Salat mit Calamaretti. Dazu ein Glas Primitivo. Schaue der blonden Chefin dabei zu, wie sie an jedem Tisch die Empfehlungen des Tages präsentiert und bin satt, stolz – und wahnsinnig glücklich.